Scheinselbstständige oder die Folgen schlechter Führung.

Scheinselbstständige oder die Folgen schlechter Führung.

Zurzeit bin ich mittendrin in den Auswirkungen zum Thema Scheinselbständigkeit. Bei vorherigen Kunden gab es in der IT Arbeit, die reichte für 3 Leben. Die Anforderungen aus den unterschiedlichsten Bereichen steigen rasant und es gibt nicht annährend ausreichend Ressourcen. Eigentlich für mich als Externer paradiesisch.
Reflexartig denkt jeder, extern besetzen und dann geht es weiter. Das funktioniert aber aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nicht mehr so einfach. Es dürfen nur noch Externe eingekauft werden, die bei einem Dienstleister angestellt sind. Da wird es aber auch schwierig, diese zu finden.
Auswirkungen auf die Digitalisierung
Die GROKO schreibt im Koalitionsvertrag, dass Sie die Digitalisierung vorantreiben will. Schnelles Internet, vernetze Schulen usw.. Das muss aber jemand umsetzen, bauen.
Andererseits treibt sie mit dem neuen Gesetz §611 a BGB viele IT Experten als Freelancer in die Illegalität, nur um die Sozialkassen zu sanieren (ok, das ist etwas sarkastisch).
Das Gesetz an sich ist absolut richtig und wichtig, um die Bürger und Familien im Niedriglohnbereich zu schützen und ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich zu verhindern. Aber in der IT? Im Hochpreissektor? Mich muss hier niemand schützen.
Viele Konzerne schaffen es heute schon nicht, ohne kleine Dienstleister und Freelancer mit dem Fortschritt Schritt zu halten. Ich kenne Konzerne, die haben Abteilungen, die sich nur um startups kümmern, um damit Innovationen in den Konzern zu bekommen. Viele Unternehmen halten heute nur noch mit der Technik Schritt, wirkliche Innovationen schaffen sie nicht mehr aus eigener Kraft. Ich bin sehr gespannt, welche Auswirkungen das auf den Innovationsstandort Deutschland auf dem Weg ins Digitalland haben wird.

Root cause Analyse Führungsvakuum
Warum finden Firmen keine MA mehr? Warum gibt es immer mehr Freelancer? Oder andersrum, warum sind Firmen wie Google so extrem gefragt und erfolgreich? Ich komme immer mehr zu der Ansicht, wir haben ein Führungs- und Anerkennungsproblem.

Der Ruf der Freiheit
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum man als Freelancer arbeiten will. Bei mir ist es relativ einfach. Ich bin Unternehmer und Projektmanager aus Leib und Seele. Irgendwelche hierarchischen und politischen Spiele sind mir nicht wichtig. Für mich zählen zufriedene Kunden, erfolgreiche Projekte, der Rest stellt sich dann von alleine ein. Jahrelang konnte ich so sogar als Angestellter gut leben, das passte auch zu meiner Lebensplanung mit Familie und Kinder.
Viele Freelancer lassen sich nun wieder aus Angst anstellen, damit sie den gesetzlichen Anforderungen §611 a BGB genügen, aber ob Sie damit glücklich werden, werden wir noch sehen. Ich habe für mich eine Entscheidung getroffen. Angestellt werde ich nicht mehr arbeiten.

Einbahnstraße Personalverantwortung:
Ich hatte ein sehr langes Gespräch mit einem sehr erfahrenen und sehr guten Projektmanager, welcher das Pech / Glück hatte, die Karriereleiter zu erklimmen und Personalverantwortung zu übernehmen. Jetzt ist er einer Re-Strukturierung zum Opfer gefallen und hat seinen Job verloren. Er möchte daher wieder seiner Berufung folgen und als angestellter Projektmanager arbeiten. In den Bewerbungsgesprächen muss er sich nun dafür erklären und stößt auf Unverständnis. Warum will er keine Personalverantwortung mehr? Er wird jetzt wohl als Freelancer arbeiten, denn da ist seine ganze Expertise gefragt.
Bei meinem früheren Arbeitgeber wurde ein Top Entwickler Teamleiter und war dabei nicht glücklich, aber es wurde von ihm erwartet. Nach einiger Zeit hatte man Einsicht und er durfte wieder entwickeln, seiner Berufung folgen. Hier rettete er viele Kundenprojekte und unterstützte damit den Erfolg des Unternehmens. Hier erhielt er auch die notwendige Anerkennung.

Fazit
Es mangelt unserer Wirtschaft an Flexibilität und den Willen wirklich etwas in unserer Arbeitswelt zu verändern. Eigene Interessen stehen immer noch im Vordergrund und das Wohl der Firma steht an zweiter Stelle. Boni, Karriere, Seilschaften und Silodenken passen einfach nicht mehr in unsere Zeit, in der alles irgendwie vernetzt ist und der Fachkräftemangel zur Wachstumsbremse avanciert. Einem Freelancer schreibt niemand vor, wo und wie er arbeitet, er muss seinen Job machen, mehr nicht. Ein Angestellter dagegen muss stempeln, genau nach Vorschrift seine Arbeit machen und er hat oft nicht die Führungskraft, die er gerne hätte.
Viele Firmen schreiben sich auf die Fahnen, Fachkarriere und Laufbahnkarriere gleich zu behandeln. Aber am Ende hängt die wirkliche Anerkennung immer an der Laufbahnkarriere. Und die Fachkräfte / Experten werden Freelancer oder gehen in die innere Kündigung.

About The Author

Comments (2)

  • Markus

    Sehr treffend erkannt Herr Frost,
    wenn man es überspitzt darstellt verlassen die Macher die trägen Tanker. Ab einen gewissen Level versteht man das Spiel und trifft seine Konsequenzen daraus. Für mich war klar das ich als Angestellter niemals meinen Frieden machen kann mit diesen politischen Schamützel. Als Freiberufler ist nicht alles einfacher aber man kann sich meistens seine Gesprächspartner aussuchen und wenn man gute Lösungen bietet sollte sich der Erfolg auch einstellen.

    • Adrian Frost

      Sehr geehrter Herr Iannucci,
      vielen Dank für Ihren Kommentar. Dem kann ich nichts hinzufügen.
      Mit den besten Grüßen
      Adrian Frost

Leave Comment

*